28 October, 2007

Für 'ne Frau gut?

von Barbara Mürdter

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Text erschienen bei langeleine.de.

Was macht der Feminismus heute? Gibt es ihn noch? Muss es ihn noch geben, wo wir eine Bundeskanzlerin haben und man vermehrt Männer auf der Strasse sieht, die Kinderwagen schieben?

Die Massenmedien berichten hin und wieder über das so genannte Gender-Mainstreaming, die Unterschiede zwischen den Einkommen von Männern und Frauen, oder krude Anti-Feministinnen wie Eva Herrmann. Feminismus an sich wird immer noch mit den 70er Jahren und Alice Schwarzer verbunden. Mit der Assoziation verstaubt, vorbei, alles in Butter.

Das will nun die Autorin Sonja Eismann ändern. In einem Essayband lässt sie 28 jüngere Frauen zum Thema Feminismus und weibliche Identität in der Popkultur zu Wort kommen.


Du bis so gut im Kinderkriegen
du bis so gut im Tütenschleppen
du bist so gut im Hinternwackeln
du kannst auf hohen Schuhen gehen
Wie hast du das geschafft? - Mann hast du viel Kraft
Wie hast du das geschafft? - Hast du keine Angst?
Wie hast du das geschafft? - Wer hat dir das beigebracht?
Da sagt der Typ als Kompliment:
...Für ne Frau gut

Hans-A-Plast "Für 'ne Frau"


Für ne Frau gut – das sang die Hannoversche Punkband Hans-A-Plast um 1980. Nicht mehr aktuell oder kommt da doch der einen oder anderen etwas bekannt vor?

Sonja Eismann, Journalistin und Autorin hat in einem neuen Band mit Essays von Feministinnen von heute zusammengestellt. Sie geben vielfältige Einblicke in die Lebensrealität junger popkultursozialisierter Frauen.

Sie stehen nicht mehr mit Plakaten auf Demos, um für ihre Rechte zu kämpfen. Feminismus hat sich vielfach in den kulturellen Bereich verlagert. Hier drücken sie sich aus und leisten Widerstand gegen sexistische Bewertungen und Ausschlussmechanismen. Sie unterstützen ihre Freundinnen und ermutigen andere Frauen aktiv zu werden.

„Hot Topic“ nannte Eismann das von ihr herausgegebene Buch – brennendes Thema. Im Vorwort bemerkt sie, dass zu aktuellem Feminismus und Popkultur seit zehn Jahren in Deutschland keine Literatur erschienen ist. Anders in den USA. Dort entwickelte sich in den 90er Jahren der so genannte Third Wave Feminismus. Dieser baute auf dem Feminismus der 70er Jahr auf, verschob aber die Schwerpunkte entsprechend den aktuellen Gegebenheiten und Einsichten. Auch hier verlagerte sich der feministische Aktivismus in den kulturellen Bereich. Die Entwicklung wurde vielfach in Buchform dokumentiert. Auch in der deutsprachigen Welt gibt es zahlreiche Aktivitäten wie weibliche DJ-Crews, Bands und die aus den USA stammenden Ladyfeste. Jedoch fehlte die Literatur.

Entsprechend thematisch zusammengewürfelt sind die 28 kurzen Aufsätze, die Eismann ganz bewusst nur von Frauen angefragt hatte. Einen Quotenmann hielt sie für ein unnötiges und falsche Feigenblatt. Im ersten Teil des Buches geht es um den weiblichen Körper als gesellschaftliches Schlachtfeld - Magersucht als Reaktion auf gesellschaftliche Ohnmacht, lustvolle Sexualität und Verhütung, unziemliche Körperbehaarung und Geschlechtsidentität. Im zweiten Teil des Buches befassen sich die Autorinnen mit Erfahrungen im Alltag – sei es auf der Arbeit, beim Fußball spielen, Musik machen oder feministischem Aktivismus. Hier geht es nicht mehr darum, dass man als Ehefrau die Erlaubnis des Gatten braucht, um einer Berufstätigkeit nachzugehen. Das Gesetz wurde 1976 auf Druck der damaligen feministischen Bewegung abgeschafft. Hier geht es um viele kleine Diskriminierungen und sexistische Selbstverständlichkeiten, die in unserem Denken und Handeln festsitzen. Auch in dem von Frauen selbst. Was nicht verleugnet, das viele – auch an sich pro-feministische – Männer ihre privilegierte Stellung bewusst verteidigen, wenn es ans Eingemachte geht.

Fast alle Autorinnen berichten aus der persönlichen Erfahrung, die sie dann in einen größeren Zusammenhang stellen. Das macht das Buch auch für Nichtakademikerinnen leicht und nachvollziehbar lesbar. Die Themen können in der Kürze nur angerissen werden. Sie geben aber einen guten Überblick über verschiedene aktuelle Diskurse. Das Buch ist jüngeren Frauen zu empfehlen, die sich nicht sicher sind, inwieweit sie auf Sexismus im Alltag überempfindlich reagieren oder ob andere ähnliche Erfahrungen machen. Zudem gibt es Anregungen zu eigenen Aktivitäten, leider zu wenige und ohne konkrete Ansprechpartner, wie in den US-amerikanischen Publikationen üblich.

Das Buch sei aber auch interessierten Männern empfohlen. Vielleicht geht es ihnen dann ähnlich wie einem zitierten Professor, der eine Studie über Abtreibung machte. Bei der Veröffentlichung stellte er perplex fest: „Ich hatte mir bisher noch nie Gedanken darüber gemacht wie es ist, eine Frau zu sein.“


Hot topic is the way that we rhyme
Hot topic is the way that we rhyme

So many roads and so much opinion
So much shit to give in, give in to
So many rules and so much opinion
So much bullshit but we won't give in
Stop, we won't stop

Le Tigre - Hot Topic

„Hot Topic“ – Popfeminismus heute von Sonja Eismann (Herausgeberin) erschien im Ventil Verlag und kostet 14,90 Euro.

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04 October, 2007

Free Burma


Free Burma!

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01 October, 2007

Flatstock Europe 2

Text und Fotos: Barbara Mürdter

Das zweite Flatstock Europe, eine internationale Zusammenkunft von Posterkünstlern, was im Rahmen des Reeperbahnfestivals in Hamburg stattfand, fiel dieses Jahr, was die Anzahl der anwesenden Vertreter/innen der Zunft anging, sehr dürftig aus. Grund: Die Veranstalter konnten sich nicht ausmähren und waren sich erst fünf Wochen vor der Veranstaltung sicher, dass sie das jetzt doch machen wollen. Zu spät vor allem für die Künstler aus Übersee, die keine billigen Flüge mehr bekamen.

Lil Tuffy, San Francisco

So standen nur neun mickrige Zeltchen auf dem Spielbudenplatz, unter anderem von Lil Tuffy, der schon letztes Jahr dabei war und sich sofort in Hamburg verliebt hat, weil es so ähnlich wie das heimatliche San Francisco sei. Die räumlich offenere Lösung - Einzelzelte und freier Raum in der Mitte im Gegensatz zu einem großen Zelt im letzten Jahr - wäre wunderschön gewesen bei Sonnenschein. Nur leider hat man Ende September auch gern mal Regen und Wind, was sich bei Postern gar nicht gut macht. So mussten die Ausstellungsstücke am ersten Tag festgeschnallt und am letzten vor dem Dauerregen in Sicherheit gebracht werden. Der Umsatz stimmte trotzdem, sagten die Beteiligten.


Dan MacAdam, Chicago

Dan MacAdam, Mitorganisator des American Poster Institute (API), sprach von einem "break even", also dass er zumindest seine Kosten wieder reingekriegt und vielleicht sogar ein wenig Profit gemacht hat. Was allerdings auch darauf hinweist, dass die meisten Posterkünstler noch "richtige" Jobs haben, von denen sie leben, wie Fritte aus Düsseldorf meinte.


Fritte, Düsseldorf

Er erklärte mir auch, den fundamentalen Unterschied zwischen den "Posterszenen" in den USA und Europa. Hier ist das Plakat für die ganze Tour, das im Offset-Druck hergestellt wird und dann einen weißen Streifen für den jeweiligen Ort bekommt, üblich. Das bei uns exotische Siebdruckposter in einer Auflage von zumeist maximal Hundert, das nur für einen Abend wirbt, ist dagegen in den USA gang und gäbe.


Casey Burns, Portland, Oregon

So gab es das Flatstock, die Poster-Convention der Siebdrucker, auch das erste mal 2002 in San Francisco und findet dort regelmäßig statt, zum Beispiel im Rahmen des SXSW. Und das Ganze mit mehr als ein paar verprengten Zeltchen und Besuchern. Wenn man sich die Geschichte der Posterkunst anschaut, und gerade die Entwicklung des Musikplakats, um die es ja im Kernpunkt geht, ist es schon erstaunlich, dass es sowas nicht schon seit den 60er Jahren gibt.


Mara Piccione, Groningen

Wenn das mit dem Reeperbahnfestival nächstes Jahr wieder so schlecht läuft, sollte man die mal auf die Pop Up-Musikmesse in Leipzig schicken. Oder auch unabhängig davon - schließlich gibt es in Europa bisher noch nicht und richtig vermarktet findet so eine Veranstaltung sicher viele Freund/innen.


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